Die Sherry-Bodega als Reifungsmaschine
Eine Bodega war jahrhundertelang ein Gebäude, in dem Wein bis zu seinem Verkauf gelagert wurde. Der Wein musste fern von Tageslicht und kühl aufbewahrt werden – viel mehr war nicht nötig, denn er wurde zügig verkauft. Mit der Zeit entwickelten sich die Bodegas von Lagerhäusern der Cargadores a Indias (Händler, die ihre Waren für den Amerika-Export im Erdgeschoss lagerten und darüber wohnten) über umgewandelte religiöse Bauten bis zu den riesigen Gebäuden, die wir heute kennen.
Traditionell altern die Weine in den meisten Weinregionen in Kellern, aber das ist hier aus verschiedenen Gründen unpraktisch. Denn die höchstgelegene Sherry-Stadt ist Jerez mit nur 53m über dem Meeresspiegel, und Sherry benötigt mehr Frischluft als in Kellern zirkuliert. In der Vergangenheit lagen die Bodegas nahe der Kais von Cádiz, Sanlúcar und El Puerto de Santa María, hauptsächlich um die Verladung zu vereinfachen.
Gegen Ende des 18. Jahrhunderts stiegen die Exporte stark an, und zwei Ereignisse transformierten die Gestaltung der Bodegas: die Einführung des Solera-Systems und die Akzeptanz von Fino als ernstzunehmenden Wein. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden viele der Bodegas im „Kathedralstil“ errichtet, die wir heute kennen, und sie wurden mit fundierter Fachkenntnis gebaut: in ihnen steckt viel mehr als nur ihre schiere Größe – als ob dies allein nicht beeindruckend genug wäre.
Es stellte sich heraus, dass die aerobische Florhefe Unmengen an Frischluft benötigt – ungefähr 18 Kubikmeter pro Fass – sowie eine stabile Temperatur von idealerweise 18° und eine relative Feuchtigkeit von über 70%. Der Standort, die Höhe und die Ausrichtung der Bodegas werden sorgfältig ausgewählt, damit der kühlere, feuchte Westwind die warme Luft verdrängen kann. Eine Nordost-Südwest-Achse eignet sich am besten zur geringstmöglichen Sonneneinstrahlung und größtmöglichen Belüftung durch den Wind. Der Fußboden ist aus „albero“, ein grober Sandboden, der sich auch in Stierkampfarenen findet und gut Feuchtigkeit aufnimmt. Der Boden wird mit Wasser besprüht, um die Entwicklung der Florhefe zu regulieren und den Verdunstungsverlust zu vermindern.
Die Fenster sind so zugeschnitten und platziert, dass sie wenig Sonne hereinlassen. Die Vorhänge aus Espartogras können befeuchtet werden und so durch Verdunstungskälte die Temperatur mitregulieren. Die Räume sind sehr hoch, so bleibt die Warmluft oberhalb der Fässer. Das Dach besteht aus einem doppelten Gewölbe und ist mit arabischen Dachziegeln auf Ziegelsteinen gedeckt – das isoliert und hält die Sonneneinstrahlung bestmöglich ab. Dicke Mauern stützen das Dach, wirken isolierend und sind weiß getüncht, um die Hitze abzuhalten.
Die Fässer werden sorgfältig positioniert, wenn möglich nicht in der Nähe von Durchgängen, und mit den biologischen Weinen in den kühleren unteren Reihen und den oxidativen Weinen darüber. Hier bleibt nichts dem Zufall überlassen: ein komplettes Ökosystem wurde entwickelt, das in jeder Bodega und in allen drei Sherry-Städten mit ihrem jeweils einzigartigen Mikroklima verschieden ist.
Stoßen wir an auf diese Weinreifungs-Maschinen ohne Mechanik, die den Sherry zu einem solchen Genuss machen!
Geschrieben von Paula MacLean


08 Juni 2016
