Almacenistas – Verborgene Helden des Sherry
Bodegas, die dafür lizensiert sind, Sherry abfüllen, verschiffen und verkaufen zu dürfen, sind die sogenannten "Vertriebsbodegas" (auf Spanisch: 'bodegas de crianza y expedicion'). Ihre Namen dürften Ihnen wahrscheinlich ein Begriff sein. Auf der anderen Seite gibt es aber auch die Almacenistas. Sie dürfen Sherry zwar produzieren und ausbauen, diesen aber nur an den Großhandel weiterverkaufen. Ihnen fehlt die rechtliche Zulassung, den Sherry in Flaschen abzufüllen und unter ihrer eigenen Marke zu anzubieten.
Ein entscheidendes Glied in der Kette
In der Vergangenheit waren Almacenistas ein ausgesprochen wichtiger Bestandteil der Sherry Lieferkette. Zu dieser Zeit war ihre Zahl auch noch deutlich höher als heute. Obwohl die Almacenistas eher klein waren, hatten sie oft dennoch ihre eigenen Weinberge und belieferten die Vertriebsbodegas, die den Sherry der Almacenistas dann mit dem eigenen vermählten (oder verschnitten). Viele der Vertriebsbodegas kauften gereiften Sherry von Almacenistas, um ihnen bei der Verwaltung des Kapitals zu helfen, das in den Sherry-Bestand investiert wurde (zieht man in Betracht, wie lange der jeweilige Sherry für seine Reifung braucht, wird nämlich eine große Menge an Finanzkapital für längere Zeit gebunden). Das Ankaufen von Sherrys von Zulieferen half den Vertriebsbodegas im Gegenzug, ihre Liefer- und Bestandsmengen an den Markt flexibel anpassen zu können.
Zu Zeiten des Sherry-Booms profitierten die Almacenistas deshalb von regelmäßigen Aufträgen der Vertriebsbodegas und konnten zudem auch auf langanhaltende Beziehungen mit einer kleinen Zahl besonders wichtiger Kunden zurückgreifen. Doch als sich die Struktur des Sherry-Handels änderte und die Nachfrage nachließ, bezogen auch immer weniger Vertriebsbodegas Weine von den Almacenistas. Das Tagesgeschäft wurde stetig unsicherer.
Entwicklung und Veränderung
Als Resultat dieser Entwicklungen mussten einige Almacenistas schließen. Andere dagegen florierten und veränderten sich von Grund auf. Der Schlüssel dafür lag in der Veränderung der Richtlinien im Jahr 1996. Die Bestandsmenge, die man als lizensierte Vertriebsbodega immer bereitstellen musste, wurde deutlich reduziert. Die Auswirkungen waren gewaltig: Zuvor musste eine Bodega 12.500 Hektoliter Sherry als Bestand vorweisen können, doch nach 1996 reichten bereits 500 Hektoliter dafür aus. So konnten selbst kleine Almacenistas zu Vertriebsbodegas werden - wenn sie das wollten.
Während also manche der alten Almacenistas ihre Produktion aufgeben mussten, fanden andere den Weg in unsere Weinregale: El Maestro Sierra, Faustino Gonzalez oder Grant, um nur einige zu nennen. Manche wiederum haben sich aber auch dazu entschieden, Almacenistas zu bleiben, auch wenn ihre Zahl längst nicht mehr so hoch ist. Sie verkaufen ihren Sherry auch heute noch an die großen Vertriebsbodegas. Dieser ist in einigen Fällen so speziell, dass die Vertriebsbodegas sich entschieden haben, ihn selbst unter dem Namen der Almacenistas abzufüllen und zu verkaufen. Dazu zählen beispielsweise Bodegas Lustau, die eine Auswahl von Sherrys lokaler Almacenistas in ihrem Portfolio anbieten. Oder die auch Reihe ‚’Pedro's Almacenista Selection' von Majestic, die von Bodegas Sanchez Romate abgefüllt wird.
Hinter der Fassade
Almacenistas sind schwer zu finden. Sie liegen verborgen hinter unscheinbaren Türen. Was dahinter entsteht sind jedoch Weine, die vielfältiger kaum sein könnten. Gut möglich, dass auch Sie bei ihrem letzten Besuch in einer der Sherry produzierenden Städte an einer solchen Türe vorbeigelaufen sind, ohne zu ahnen, welcher Schatz sich dahinter verbirgt. Dieser kleine Einblick in die verborgene Welt der Almacenistas ist ein nur weiteres Puzzleteil in dem Mysterium Sherry.
Die in diesem Artikel zum Ausdruck gebrachten Ansichten sind die des Autors und spiegeln nicht unbedingt die des Consejo Regulador wider.


19 Juni 2018
